Wie kommt ein Schwamendinger dazu, alles über die Verkehrsbetriebe Zürichsee und Oberland (VZO) zu wissen? Die Antwort heisst Herbert Brühlmann, der die Vergangenheit des Regionalbusunternehmens vor der Abfallmulde rettete.
Ein Buchhalter ist immer von Ordnung umgeben. Das gilt auch für Herbert Brühlmann. Die schmucke Wohnung des 75-jährigen Schwamendingers ist perfekt aufgeräumt. Die grösste Ordnung findet sich aber in einem Zimmer, das neben Feuerwehrutensilien des ehemaligen Kommandanten des Piketts Glatttal fast exklusiv einem Thema gewidmet ist: VZO.
Die aufgereihten Modellbusse aus allen Generationen des Regionalbusunternehmens sind nur die Spitze des Eisberges. Darunter, in den VZO-blauen Stahlschränken, lagert ein Archiv, das selbst Joe Schmid und Adrian Suter die Sprache verschlägt. Der langjährige VZO-Marketingleiter Schmid und sein Stellvertreter Suter tasten sich Schublade für Schublade, Hängeregister für Hängeregister, Mappe für Mappe, Blatt für Blatt in einem Schatz vor.
Vom Kauf bis zur Verschrottung
Zu jedem Fahrzeug in der Geschichte der VZO gibt es ein Dossier: Von der Ausschreibung über Offerten, Baupläne, Karrosserieentwürfe, Kaufvertrag, Fahrzeugausweis, Serviceunterlagen bis zum Ausmustern samt Verkaufsbestätigung. So weiss der ehemalige Buchhalter einer Firma in Oerlikon auch, wann die Busse ihr Verschrottungsende fanden oder wo sie noch heute irgendwo auf der Welt rollen. Auswendig!
Herbert Brühlmann ist ein Glücksfall für die VZO. Denn all das – plus Tausende Fotos und Betriebsunterlagen – hätte in der Kehrichtverbrennungsanlage entsorgt werden sollen. Wie sie nach Schwamendingen fanden, beschreibt der humorvolle Sammler lapidar: Man muss am richtigen Ort sein und die richtigen Leute kennen. Und das kam zufällig.
«Es wurde langweilig»
Schon in den Sechzigerjahren hatte der Zürcher ein Flair für Busse von Verkehrsbetrieben, vor allem jener der Verkehrsbetriebe Zürich. «Aber als die VBZ 100 gleichartige Mercedes-Benz-Busse bestellten, wurde es langweilig», erzählt Brühlmann. Sein Finger auf der Landkarte fiel auf Grüningen und er besuchte die Zentrale der VZO. «Da gab es noch FBW, Tüscher und Ramseier – einige sogar mit Cabrioletdach.» Mit dem Werkstattchef freundete er sich rasch an. «So ging es los.»
Der Beginn der VZO tönt exotisch: Vier Busse von Alfa Romeo und ein Sattelschlepper bildeten die Grundlage der Flotte 1948. Die Unterlagen findet er in Sekundenschnelle. Ein Griff in die Lade, ein Hängeregister hochziehen, blaue Mappe rausnehmen. Voilà! Schon liegt der Bauplan des Alfa-Busses ausgebreitet auf dem Tisch. Schmid und Suter beugen sich ungläubig darüber – und folgen im Geist ihren Vor-Vor-Vorfahren im Unternehmen, die vor 75 Jahren genau in solch einem Moment den Kaufentscheid fällten.
«Ein Glücksfall für uns»
Die Sammlung umfasst alle Fahrzeuge – auch Dienstwagen, Schneepflüge und Betriebsvelos. Tausende alte Fotos hat der Hobby-Archivar thematisch geordnet. Einer der grössten Schätze ist die originale Gründungsurkunde von 1946. Schmid und Suter halten sie beinahe wie eine heilige Schrift in den Händen.
Irgendwann geht die gesamte Kollektion wieder zurück nach Grüningen. Die VZO haben mit Herbert Brühlmann eine Abmachung getroffen. Die Kehrichtverbrennung ist keine Option mehr. «Das ist ein Glücksfall für uns», sagt Joe Schmid.
Wenn die VBZ wüssten, was ihnen vor fast 50 Jahren verloren ging, als sie Herbert Brühlmann mit der monotonen Busbestellung abschreckten…